"Von der Kunst des Diakons" ist eine Kurzgeschichte von Alexander Djatschenko, eines russischen Priesters und Schriftstellers.
Dass ich eine Bassstimme hätte und bei guter Stimmbildung auch gute Perspektiven damit, erzählte mir noch zu Schulzeiten einer meiner Gefährten. Einmal krächzte ich, auf seine Bitte hin, etwas in den Telefonhörer, und zur Antwort hörte ich seine begeisterten Rufe:
»Du solltest am Konservatorium studieren, Schura, wirklich! In solchen Sachen irre ich mich nicht!«
Ich hatte eigentlich keine allzu hohe Meinung von den musikalischen Talenten meines Klassenkameraden; ich glaubte ihm nicht, doch hätte ich das vielleicht besser tun sollen: Heute ist der Freund meiner Kindheitstage einer der bekannteren belorussischen Musikproduzenten, besitzt ein Tonstudio und bereist mit einer Reihe an Gruppen die ganze Welt. Hätte ich meinem Freund damals Glauben geschenkt, wäre ich jetzt womöglich Solist am Bolschoj-Theater…
Als ich damit begann, Gottesdienste zu besuchen, sang ich, in der Nähe des Kirchenchors stehend, leise mit. Ich dachte, mich kann niemand hören. Doch weit gefehlt – in einer Kirche hört man jeden Gesang, der nicht zum Chor gehört, ziemlich deutlich. Ich wurde ertappt, aber anstelle dessen, dass ich bestraft wurde, bekam ich eine Einladung zum Mitsingen im Kirchenchor.
An dieser Stelle bereute ich es, dass ich nicht auf meine Mutter gehört habe, die mich, den nichtsnutzigen Zweitklässler, damals mit allen Mitteln dazu bewegen wollte, das Klavierspielen zu erlernen. Ich lehnte nämlich all ihre Versuche kategorisch ab:
»Panzersoldaten müssen nicht Klavier spielen können!«
»Nun gut«, sagte mein Vater schließlich, als er unserer ganzen Streitereien überdrüssig war. Er war nämlich Panzersoldat, und zwar mit echter Gefechtserfahrung. »Wenn er nicht will, quäle den Jungen doch nicht!«
Nach Marias Tod bekam ich, zum Gedenken an sie, eine Papierikone mit der heiligen Maria von Ägypten, in einem groben, mithilfe einer Axt hergestellten Beschlag, noch aus den früheren Jahren in den schrecklichen sibirischen Gefangenenlagern. Sie war eine Meisterin mit der Axt. Das begriff ich, als ich dabei half, die Ikonostase für ein Nonnenkloster aufzubauen, welches sie allein wieder zum Leben erwecken wollte.
Später versuchte man noch, mich beim rechten Kirchenchor einzusetzen, aber das Fehlen der notwendigen musikalischen Fertigkeiten gestattete es mir nicht, mich gehörig in die Reihen des Partes-Gesangs¹ einbringen.
Dann kam eine jüngere Generation aus Absolventinnen von Kirchenmusiklehrgängen der Diözese zu uns in den Kirchenchor. Gute Mädels, man könnte sogar sagen: aufopfernde. Unser zweiter Priester, Vater Nifont, bekam den Segen, zu den Feiertagen in einer der weiter entlegenen Dorfkirchen zu zelebrieren. Der Batjuschka quetschte uns in seinen kleinen »Schiguli«, und nach dem Gottesdienst in unserer Kirche eilten wir in jenes kleine Kirchlein. Ich kann mich daran erinnern, dass einmal zu Pfingsten außer dem Fahrer noch acht Leute in dem Auto mitfuhren. Wenn ihr nur wüsstet, wie gnadenreich es war, mit dem Vater Abt zu fahren! Das Jesusgebet lief wie von allein. Als unverbesserlicher Choleriker raste der Batjuschka, sobald er am Steuer saß, als sei es sein letztes Mal, verlangte dem Fahrzeug alles ab, wozu es fähig war.
Ich sang weiterhin mit meinem Bass, aber nur die Alt-Partie, da es mir...